Das Zweite Quartal 2020: Weitreichende Kurserholungen an der Börse
Zinsen, Renten, Währungen und Rohstoffe
Der schnellste Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Geschichte der USA zeigte zu Beginn des zweiten Quartals die katastrophale Wirkung der Corona-Pandemie auf die größte Volkswirtschaft der Welt. Nach verheerenden Fehleinschätzungen durch Präsident Trump stehen die USA bei der Zahl der Infizierten und Todesopfer weltweit an der Spitze. Die US-Notenbank Fed erhöhte ihre Kreditprogramme zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise auf 2,3 Billionen Dollar. Unter dem Eindruck der Pandemie waren die ohnehin schon niedrigen Zinsen im ersten Quartal weiter gesenkt worden. Die Kapitalmärkte stellen sich nun auf Zinsen ein, die wohl auf lange Zeit nahe Null bleiben dürften. Im zweiten Quartal veränderten sich die wichtigsten Zinsen kaum. Beispielsweise sank die Rendite für US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit lediglich um fünf Hundertstel eines Prozentpunktes auf 0,65 Prozent. Angesichts des Herunterfahrens der Weltwirtschaft ist die Inflationsgefahr trotz extrem lockerer Geldpolitik und rasant steigender Staatsschulden bis auf Weiteres offenbar gering. Erst längerfristig könnte Inflation zum Problem werden. Die Rendite für US-Staatsanleihen mit 30 Jahren Laufzeit stieg leicht von 1,35 auf 1,41 Prozent. Die laufende Verzinsung deutscher Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit pendelte in einer vergleichsweise engen Bandbreite seitwärts – knapp ein halbes Prozent unter Null.
Auch an den Devisenmärkten beruhigte sich das Geschehen nach dem turbulenten März. Der Euro/Dollar-Wechselkurs blieb in der Bandbreite zwischen 1,06 und 1,15 USD/EUR, die im März entstanden war. In der letzten Mai- und ersten Juniwoche stieg der Euro in die obere Hälfte dieses Bandes. Der im ersten Quartal 2018 begonnene Aufwärtstrend der US-Währung dürfte damit gebrochen sein. Sie hatte sich auf eine bessere Konjunkturentwicklung in den USA bei daraus resultierenden höheren Zinsen stützen können. Der Zinsvorteil des US-Dollars gegenüber dem Euro ist aber kleiner geworden. Für das zweite Quartal ergibt sich unter dem Strich ein wenig dramatischer Anstieg der europäischen Gemeinschaftswährung um 1,8 Prozent auf 1,124 Dollar pro Euro.
Nachdem Kryptowährungen beim Corona-Crash stark gelitten hatten, erlebten einige von ihnen im zweiten Quartal eine Erholung. So stieg der Wert des klassischen Bitcoins vor allem in der zweiten Aprilhälfte. Andere Digitalwährungen wie Ethereum, IOTA und Cardano folgten und profitierten vor allem in der letzten Maiwoche vom wieder gewachsenen Interesse. Ihr Wertzuwachs fiel im zweiten Quartal letztendlich noch höher aus als beim Bitcoin, der um rund 42 Prozent auf 9.155 US-Dollar zulegte. Wieder andere Kryptowährungen pendelten dagegen im zweiten Quartal eher seitwärts, darunter Bitcoin Cash, Litecoin, Ripple und Dash.
Auf dem Weltmarkt für Erdöl eskalierte zunächst der im ersten Quartal offen ausgebrochene Preiskampf zwischen Saudi-Arabien und Russland. Am US-Ölmarkt rutschte der Preis im April angesichts ausgeschöpfter Lagerkapazitäten sogar kurzzeitig in den negativen Bereich. Im Mai erholte sich der Ölpreis in Erwartung einer Erholung der Weltkonjunktur auf rund 40 Dollar pro Barrel. Schließlich ergibt sich gegenüber Ende März ein Anstieg um gut 60 Prozent im zweiten Quartal. Dies gleicht aber weniger als die Hälfte des Preisverfalls seit dem Jahresbeginn aus.
Das Industriemetall Kupfer konnte dagegen seinen Preisrückgang aus dem ersten Quartal bis zur Jahresmitte fast vollständig wieder aufholen. Unter dem Strich erholte sich der Dow Jones Commodity Rohstoffpreisindex in den Monaten April, Mai und Juni um 20 Prozent. Der Goldpreis, der beim Corona-Crash im März starke Ausschläge in beide Richtungen gezeigt hatte, kletterte im zweiten Quartal um 13,3 Prozent auf 1.781 Dollar pro Unze und damit den höchsten Stand seit 2012. Gründe dafür sind unter anderem die steigenden Kosten der Minenbetreiber, vor allem aber die negativen Realzinsen, die zu einer Rekordnachfrage nach Gold-Fonds führen. Weil der US-Dollar seit 2012 gegenüber dem Euro gestiegen ist, erreichte der Goldpreis in Euro sogar schon neue Rekordhöhen über 1.500 Euro pro Unze.
Der Silberpreis, der sich vor allem im ersten Quartal deutlich schwächer als Gold entwickelt hatte, setzte zeitweilig zu einer Aufholjagd an und stieg im zweiten Quartal um 30,7 Prozent auf 18,20 Dollar pro Unze. Das seit fast zwei Jahren im Aufwärtstrend befindliche Palladium erlebte dagegen Gewinnmitnahmen. Der Preis fiel um 16,3 Prozent auf 1.941 Dollar pro Unze.
Aktienmärkte
Das Geschehen an den Aktienbörsen stützte sich im zweiten Quartal auf die rekordhohen Hilfsprogramme von Regierungen und Notenbanken. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass sich die Wirtschaft nach einer schrittweisen Aufhebung der „Lockdown“-Maßnahmen zügig erholen kann. Die heftigen Preisschwankungen am Ölmarkt beschäftigten auch die Aktienmärkte. Der kurzzeitige Preisrutsch bis in den negativen Bereich verstärkte die ohnehin bestehenden Sorgen, die Weltwirtschaft könne längere Zeit unter der Corona-Pandemie leiden. Zu den Kursverlusten bei Ölaktien kamen zeitweilig Ängste um ein Wiederaufflammen des amerikanisch-chinesischen Handelskonflikts.
Doch pessimistische Befürchtungen, die Vergleiche mit der Weltwirtschaftskrise nach 1929 ziehen, nahmen im Laufe des Berichtszeitraumes ab. Die Ausgangslage, die Ursachen der Krise, die Gegenmaßnahmen und der Verlauf der Krise waren 1929 und Anfang der 1930er Jahre ganz anders. Das Szenario, mit dem die Marktteilnehmer mehrheitlich rechnen, ist das einer Konjunkturerholung im zweiten Halbjahr, die sich im kommenden Jahr fortsetzt. 2021 dürfte die Wirtschaftsleistung deutlich über dem von der Pandemie gekennzeichneten Jahr 2020 liegen, wenn auch das Niveau des Rekordjahres 2019 vielleicht noch nicht übertroffen wird.
Die Zahl derer nahm zu, die eine sogenannte U-förmige Erholung der Weltwirtschaft erwarten. Das „U“ steht dabei mit seiner Form für die Erwartung, dass auf den plötzlichen Rückgang zunächst ein Tal folgt, bevor es wieder aufwärts geht. Demnach dürfte es im zweiten Halbjahr noch keine Rückkehr zu „Vor-Corona-Verhältnissen“ geben. Aber Hoffnungen auf Fortschritte im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen ließen die Aktienmärkte weiter steigen. Schlechte Wirtschaftsnachrichten vermochten die Börsen kaum noch zu belasten, weil sie nicht überraschten. Vielmehr begründeten gute Nachrichten steigende Aktienkurse.
So wurden Lockerungsschritte bei den Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie und das Festhalten der USA am Phase-1-Handelsabkommen mit China positiv aufgenommen. Zwischenzeitliche Gewinnmitnahmen wurden schließlich von Aktienkäufen solcher Investoren aufgefangen, die den Einstieg in der Nähe der Tiefs im März verpasst hatten. Der überraschende Rückgang der Arbeitslosigkeit in den USA im Mai trieb die Erholungsrallye nochmals an. Nachdem Peking ein Gesetz gegen die Autonomie Hongkongs erließ, belasteten allerdings Sorgen um eine wieder zunehmende Konfrontation mit China die Aktienmärkte. Eine düstere Arbeitsmarkteinschätzung durch Jerome Powell, den Vorsitzenden der US-Notenbank Fed, traf dann auf Ängste vor einer zweiten Corona-Infektionswelle, insbesondere im Süden der USA.
Der populäre Dow Jones Industrial Average für die 30 wichtigsten US-Standardwerte beendete das zweite Quartal letztendlich mit einem Anstieg um 17,8 Prozent bei 25.813 Zählern, womit für das Halbjahr ein Verlust von knapp 10 Prozent verbleibt. Der 500 Standardwerte umfassende S&P-500-Index gewann im Berichtszeitraum 20,0 Prozent auf 3.100 Punkte, nur vier Prozent weniger als bei Jahresbeginn. US-amerikanische Nebenwerte erholten sich zwar im zweiten Quartal gemessen am Russell-2000-Index mit einem Plus von 25 Prozent stärker als die Aktien der großen Konzerne. Die Aktien der kleineren US-Unternehmen waren im Crash jedoch stärker „unter die Räder“ gekommen, sodass für den Russell-2000 im ersten Halbjahr ein Minus von 13,6 Prozent verbleibt.
Besser fiel die Entwicklung an der „Technologie-Börse“ Nasdaq aus. Deren umfassender Composite Index konnte mit einem Plus von 30,6 Prozent im zweiten Quartal den Crash mehr als ausgleichen. Die Halbjahresbilanz weist hier ein Plus von 12,1 Prozent aus. Angeführt wurde die Kurserholung von Internet-Aktien, die als Profiteur der Lockdown-Maßnahmen gelten. Der Nasdaq-Branchenindex legte von Anfang April bis Ende Juni um 40,9 Prozent zu, womit sich für das Kalenderhalbjahr ein Plus von 25,5 Prozent ergibt. Auch Biotech-Aktien konnten die Verluste des ersten Quartals mehr als ausgleichen: Der Nasdaq Biotech Index schaffte mit einem Quartalsgewinn von 26,7 Prozent ein Plus von 13,5 Prozent im ersten Halbjahr.
Die europäischen Aktienmärkte entwickelten sich im zweiten Quartal wie schon in Q1 im Durchschnitt etwas schlechter als die Wallstreet. Der Index MSCI Europa beziffert das Plus in Europa im zweiten Quartal auf 14,3 Prozent gegenüber 21,2 Prozent für die USA. Der schweizerische Aktienmarkt, der sich im ersten Quartal relativ gut gehalten hatte, verfügte über weniger Erholungspotenzial: Der Swiss Market Index (SMI) stieg im zweiten Quartal um 7,9 Prozent. Dennoch verbleibt im ersten Halbjahr nur ein Rückgang um 5,4 Prozent, wogegen der Euro-STOXX-50-Index für Euroland eine Erholung um 16,0 Prozent und ein Halbjahresminus von 13,6 Prozent ermittelt. Deutlich besser schnitt der deutsche Leitindex DAX ab, der sich im zweiten Quartal um 23,9 Prozent auf 12.311 Punkte erholte, nur 7,1 Prozent weniger als bei Jahresbeginn. Der Zusammenbruch des deutschen Zahlungsverkehrsdienstleisters Wirecard als Folge eines Bilanz- und Betrugsskandals belastet den DAX aufgrund des geringen Gewichts der Wirecard-Aktie kaum. Beim deutschen Technologie-Aktienindex TecDAX entfielen allerdings gut 8 Prozent auf Wirecard. Ohne Wirecard hätte sich der TecDAX im zweiten Quartal um über 20 Prozent erholt. So aber blieb der TecDAX mit einem Plus von 13,7 Prozent hinter den deutschen Nebenwerteindizes MDAX (+22,8 %) und SDAX (+24,7 %) zurück. Weil sich der TecDAX im Crash viel besser gehalten hatte, reichte die unterdurchschnittliche Erholung aber fast, um ein ausgeglichenes Halbjahr zu präsentieren. Nur 2,0 Prozentpunkte fehlten dazu.
Leicht über dem westeuropäischen Durchschnitt fiel die Kurserholung in Osteuropa aus. Der CECE-Index für die zentraleuropäischen Aktienmärkte stieg um 17,8 Prozent, der stark von Ölkonzernen geprägte russische RTX Aktienindex um 17,7 Prozent und der MSCI Osteuropa um 18,1 Prozent.
An den asiatischen Aktienmärkten blieb die Kursentwicklung sehr unterschiedlich. Der MSCI Asien gewann im zweiten Quartal 17,0 Prozent und konnte damit seinen Halbjahresverlust auf 4,4 Prozent verkleinern. Der japanische Aktienmarkt erholte sich gemessen am populären Nikkei-225-Index um 17,8 Prozent, gemessen am repräsentativeren Topix aber nur um 11,1 Prozent. Ein vergleichsweise schwaches Quartal erlebten die chinesischen Aktienmärkte. Sie hatten sich zwar im Corona-Crash relativ gut gehalten, weil die Virusinfektionen dort früh eingedämmt werden konnten. Nun aber verhinderten Sorgen um Hongkong größere Kursgewinne, nachdem Peking mit einem sogenannten „Sicherheitsgesetz“ in die eigentlich bis 2047 zugesicherte Autonomie der ehemaligen britischen Kronkolonie eingriff. Der Hang Seng Index der Börse Hongkong stieg im zweiten Quartal letztendlich nur um 3,5 Prozent, womit das Halbjahresminus 13,3 Prozent beträgt. Mit Zuwächsen von jeweils rund 20 Prozent erholten sich dagegen die Aktienindizes in Taiwan und Südkorea. Damit zeigt die Halbjahresbilanz dort mit 3,1 Prozent bzw. 4,1 Prozent nur kleine Verluste.
Für Lateinamerika insgesamt weist der entsprechende MSCI-Index eine Kurserholung um 18,4 Prozent im zweiten Quartal aus. Dazu hat die Kurserholung des recht großen brasilianischen Aktienmarktes maßgeblich beigetragen, wo sich der Bovespa Index nach dem verheerenden Auftaktquartal um 31,4 Prozent erholte. Mit einem Minus von 17,4 Prozent fällt die Halbjahresbilanz für das Land, das wie die USA wegen Versäumnissen des eigenen Staatspräsidenten hart von der Corona-Pandemie getroffen wird, aber schlecht aus. Der mexikanische IPC Index erholte sich zwar im zweiten Quartal nur um 7,9 Prozent, kann mit 13,5 Prozent aber einen kleineren Halbjahresverlust vorweisen.
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